Ich-ich-ich! So denkt und lenkt der räuberische Insolvenzverwalter

Ich-ich-ich! So denkt und lenkt der räuberische Insolvenzverwalter

In einem Gastbeitrag zeichnet der Sanierungsexperte Alexander Eichner das Bild einer mächtigen Kaste. Die der räuberischen Insolvenzverwalter. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind kein Zufall.

Seit längerem ist im Umgang mit Insolvenzfällen eine starke Amerikanisierung in der Insolvenzverwalterszene zu beobachten. Eingesetzte Verwalter verfolgen mit äußerster Konsequenz als einziges und primäres Ziel die eigene Gewinnmaximierung.

Die Entfernung ihrer eigenen Interessenslage vom Ursprungsgedanken des Gesetzes und dem wirtschaftlich Sinnvollen im Rahmen einer Abwicklung/Sanierung ist besorgniserregend und der Schaden für Zulieferer, Steuerzahler, Arbeitsplätze und Aktionäre dramatisch.

Eine Industrie hat sich verselbständigt und ihre Vertreter entsprechen nicht mehr ihrer zugedachten Rolle als reine Interessenvertreter der Gläubiger.

Naheliegend tut die Szene diese Entwicklung als ein überschaubares Phänomen ab. Da aber die Zahl der Insolvenzfälle aufgrund verstärkter M&A-Aktivitäten und verfügbarem Investitionskapital stetig zurückgeht, zieht der Wettbewerb an.

Die aktuelle Rechtssituation begünstigt die zweifelhafte Vorgehensweise. Inzwischen hat sich die amerikanische Methode längst verbreitet und sich zu einem allgemein üblichen Standard entwickelt.

Die Aussagen der Insolvenzverwalterseite, die meisten seien redlich und nur eine kleine Gruppe nutze die Rechtslage zielgerichtet zu ihren eigenen Gunsten aus, steht in krassem Widerspruch zur alltäglichen Praxis.

Die Gesamtsituation wird verschärft zum Einen aus der Tatsache, dass die Vorgehensweise nicht illegal ist, zum anderen durch die sehr starke Positionierung des vom Gericht eingesetzten Verwalters.

Das eigene und von den Gerichten beförderte Selbstverständnis ist, dass dem Insolvenzverwalter das Unternehmen jetzt gehöre. Zitate bekannter Kanzleien reichen von „ich bin der Allein-Herrscher“, „ohne meine Zustimmung macht der Aufsichtsrat gar nichts“, „der Gläubigerausschuss macht, was ich denen sage“ etc.

Verstärkt wird die Gesamtsituation dadurch, dass die Rechtssituation für nicht ausgebildete Juristen kaum mehr überschaubar ist. Es hat sich ein Massengeschäft entwickelt, das von einer Kaste beherrscht und von den Gerichten unterstützt und gedeckt wird.

Wir erleben die Professionalisierung eines ursprünglich nicht vorgesehenen Geschäftsmodells des „räuberischen Insolvenzverwalters“. Der Terminus für diese Gruppierung in der Szene der Insolvenzverwalter ist durch die frappierende Vorgehensweise gerechtfertigt:

  1. Alle Aktivitäten sind durchaus legal und nicht kriminell. Man bewegt sich an der Peripherie der Interpretationsmöglichkeiten von Gesetzen und Rechtsprechung.
  2. Es wird Nutzen gezogen aus immer komplexer und auch theoretischer werdenden rechtlichen Vorschriften und Regelungen. Es erfolgt eine Spezialisierung auf Ausnahmesituationen, die dann in andere Verfahren als üblich eingeführt werden.
  3. Man positioniert sich unter dem moralisch bzw. gesetzlich legitimierten Auftrag, die Interessen der Benachteiligten (Gläubiger) zu vertreten, hat aber ausschließlich die eigene Gewinnmaximierung im Auge.
  4. Den Auftakt macht ein überdimensionierter Schriftsatz, der Außenstehende zunächst überfordert und den Eindruck von Relevanz kreiert und eindeutig schuldhaftes Verhalten der Beklagten belegen soll. Ein Verfahren ist unausweichlich. Aufgrund der inzwischen für betroffene Nicht-Juristen unübersichtlichen Rechtslage, entstehen daraus dann tatsächlich Möglichkeiten auf Formfehler zu stoßen.
  5. Die ständig wachsende Zahl an Urteilen zur Auslegung von rechtlichen Vorschriften, die dann ihrerseits die Komplexität weiter befördern, hat u.a. seinen Ursprung in einer sich aufbauenden Spirale aus der aggressiven Vorgehensweise dieser besonderen Gruppe.
  6. In großen Fällen, sind auch Absprachen verschiedener Kanzleien feststellbar, die sich gegenseitig verklagen, um Prozesskosten und Mehraufwände geltend machen zu können.
  7. Bei Analyse des deutschen Marktes ist festzustellen, dass der Kreativität der vom Gericht beauftragten Insolvenzverwalter keine Grenzen gesetzt sind. Die Verwalter antizipieren den jeweiligen Fall und stülpen maßgeschneiderte Varianten des Basis-Geschäftsmodells über.

One Reply to “Ich-ich-ich! So denkt und lenkt der räuberische Insolvenzverwalter”

  1. Da sprechen sie einen wichtigen Punkt an.
    Das beobachte ich auch schon seit Jahren ueber inzwischen verschiedene Verfahren.
    Eines haben sie wohl noch vergessen:
    Scheinheilig wird von seiten des Sach-/Insovenzverwalter, willfaehrigen oft lange im voraus installierten Glaeubigervertretern, willfaehigem UnternehmensManagement und den beteiligten „Rettern“ (also den aufkaufenden Heuschrecken oder finanzstarken Schnaeppchenjaegern)
    argumentiert man wolle ja nur das Unternehmen und die Arbeitsplaetze darin retten.
    Doch die Interessen der Aktionäre/Anleihenhalter/Gläubiger kommen dabei zumeist unter
    die Räder.
    Dabei sind auch unter den Aktionären/Anleihenhaltern ja auch Kleinanleger die Ihr Erspartes investiert haben und durch zuerst Missmanagement der Unternehmensfuehrung und dann Ruecksichtsloses verhalten der Sachwalter/Abwickler verlieren.
    Da lauft etwas gewaltig schief und wie sie richtig beschreiben ist eine wesentliche Ursache das seit ein paar Jahren geltende neue Insolvenszrecht.
    Insbesondere fuer dieses sogenannte Gesetz gilt auch hier die bekannte Weissheit:
    Gut gemeint ist das Gegenteil von Gut gemacht.

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