Hände hoch bei Suhrkamp und SKW! Die Insolvenzmasche von Gleiss Lutz ist eine Waffe

Hände hoch bei Suhrkamp und SKW! Die Insolvenzmasche von Gleiss Lutz ist eine Waffe

Die Pleiten bei Suhrkamp und SKW gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Kein Wunder, beide Insolvenzen brütete dieselbe Henne aus. Im Stall der Anwaltsfabrik von Gleiss Lutz.

Die Schlammchlacht um die verlustreiche AG zog sich über Jahre hin. Gier und Eitelkeit vermischten sich zu einem brisanten Sprengsatz und dann kam der Knall.

Die Rede ist von der SKW Metallurgie Holding AG?

Denkste.

Es geht um den Suhrkamp Verlag. Die erbitterte Auseinandersetzung zwischen der Verlegerwitwe Ulla Berkéwicz und dem Investor Hans Barlach füllte jahrelang Gerichtssäle und Medien.

Wer einen raschen Überblick auf das bizarre Drama erhalten möchte, kann das → hier tun.

Besonders interessant ist der 2. Akt des Stückes, nämlich die Planinsolvenz nach dem damals brandneuen ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen), das zwischen März 2012 und Januar 2013 erlassen wurde.

Das alte Insolvenzrecht war nach der Meinung vieler Wirtschaftsvertreter und Politiker zu langsam, zu teuer und zu unflexibel geworden.

Ziel der Gesetzesreform war es, die Sanierung von Unternehmen unter anderem durch eine Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung zu erleichtern.

Einer der ersten „Kunden“ des neuen ESUG war die Geschäftsführung von Suhrkamp.

Am 27. Mai 2013 stellte der Verlag, begründet durch angebliche Überschuldung und die (stark umstrittene) Zahlungsunfähigkeit, den Insolvenzantrag, verbunden mit einem Antrag auf Eigenverwaltung und Einleitung eines Schutzschirmverfahrens.

Alles ging durch. Das Insolvenzverfahren wurde eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet. Gleichzeitig legte die Verlagsgeschäftsführung einen Insolvenzplan vor, der genehmigt wurde.

Ergebnis des Manövers war, dass die Firma unter dem Kommando von Berkéwicz fortan von der Einflussnahme des unbequemen Gesellschafters Hans Barlach befreit war und die Geschäftsleitung nach Belieben walten konnte. Dank ESUG-Verfahren war Barlachs Position aussichtslos geworden.

Dennoch zogen sich die Streitereien noch über Monate hin, bis sich die Unseld-Witwe und ihr Widersacher endlich einigten. Ein Schauspiel á la Tom & Jerry ging zu Ende.

Ich finde, die Suhrkamp-Story ähnelt frappierend den Zuständen bei der SKW AG unter ihrem Vorstand Kay Michel. Erst recht, wenn man nachvollzieht, wie SKW zuerst sterbenskrank gerechnet und nun in die Hände der Beteiligungsfirma Speyside Equity manövriert wird.

In meinen Augen war das ein strategischer Ruin. Ausgeheckt von Anwälten. Wie es scheint von denen der Stuttgarter Anwaltsfabrik Gleiss Lutz.

Kundige Leser verbinden mit Gleiss Lutz den verfassungswidrigen Rückkauf von EnBW-Anteilen durch das Land Baden-Württemberg.

Klingelt es? Stefan Mappus, Dirk Notheis, damals Deutschland-Chef von Morgan Stanley. Alles Schnee von gestern.

Apropos Notheis. Der ist dem Vernehmen nach ein Spezl des Lobbyisten und ehemaligen SKW-Großaktionärs Klemens Joos, der Mitte 2017 ganz hastig ein sehr dickes SKW-Aktienpaket abstieß. Kurz bevor die ersten Gerüchte um eine Insolvenz die Runde machten.

Meiner Meinung nach ist Joos die interessanteste Figur im Ringkampf um die Macht bei SKW.

Er war es, der Ex-Minister Peter Ramsauer und den Versicherungsmanager Volker Stegmann in den Aufsichtsrat holte. Zuvor hatte er innerhalb kurzer Zeit fast 15% der SKW-Anteile zusammengekauft. Und dann warf er sein riesiges Paket innerhalb von 6 Wochen wieder auf den Markt. Sehr merkwürdig.

Mit diesem auffälligen Vorgang und der Person Klemens Joos beschäftige ich mich in einem anderen Artikel:

Der Lobbyist und die Politiker: Klemens Joos, Peter Ramsauer und die diskrete Einflussnahme bei SKW

Eines muss ich aber noch loswerden: Auch Markus Söder soll ein enger Vertrauter von Joos sein. Warum nicht? Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines Lobbyisten, gute Kontakte in die Politik zu pflegen. Nur so gelingen große Vorhaben, wie zum Beispiel die Ministererlaubnis zur Übernahme von Tengelmann durch die Edeka-Gruppe.

Zurück zur SKW-Pleite und ihren Drehbuchschreibern und Akteuren.

In Anwaltskreisen gilt Gleiss Lutz als Pitbull unter den deutschen Großkanzleien.

Auch bei der Einleitung des Insolvenzplanverfahrens über die Suhrkamp AG waren die Anwälte von Gleiss Lutz federführend dabei. Genauer gesagt die Herren Jörn Wöbe und Andreas Spahlinger. Sie zeigten als erste, wie man eine Auseinandersetzung, der mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts nicht mehr beizukommen ist, unter trickreicher Anwendung des neuen ESUG siegreich zu Ende führt. Das bestätigt auch die juristische Fachwelt den beiden.

Wie oben erwähnt sollte das ESUG ja eher der Rettung von Unternehmen aus einer prekären Schieflage dienen und nicht als Waffe, mit der man Firmen ausraubt.

Ich glaube nicht, dass die Politiker damals eine Zweckeentfremdung im Sinn hatten, als sie die Insolvenzrechtsreform anstießen. Manchmal kommt es aber anders als geplant.

Wie funktioniert ein ESUG-Verfahren und was macht es in den Fingern bestimmter Menschen zu einer Waffe?

ESUG-Verfahren nennt man die Einleitung eines Sonder-Insolvenzverfahrens mit dem Ziel, das Unternehmen unter einem Schutzschirm und gemeinsam mit den wichtigsten Gläubigern in einem sogenannten vorläufigen Gläubigerausschuss zu sanieren.

Das wichtigste Merkmal dieses Verfahrens ist die Eigenverantwortlichkeit. Jeder, der Schuldner ist und meint, dass seine Firma ihre Verbindlichkeiten bald nicht mehr bedienen kann, darf ein ESUG-Verfahren beantragen.

Experten berechneten, dass im Jahr bis zu 4.000 Unternehmen mit dem ESUG saniert werden könnten. Aber erst ca. 350 Firmen machten davon Gebrauch. Der freiwillige Gang in die Insolvenz ist offenbar eine psychologisch schwierige Hürde. Geeignete Berater und hohe rechtliche Kompetenz sind gefragt.

Sehr gut vorbereitete ESUG-Verfahren können innerhalb von drei bis fünf Monaten vollständig erledigt werden. Das ist nichts im Vergleich zur Regelinsolvenz, die durchschnittlich fünf Jahre in Anspruch nimmt.

Das Anwaltsmagazin Juve schrieb 2013 in einem Artikel über die Suhrkamp-Insolvenz:

Mit der ESUG-Reform wollte der Gesetzgeber kriselnden Unternehmen die Chance bieten, sich frühzeitig um eine Sanierung zu kümmern, ohne die Kontrolle an einen regulären, starken Insolvenzverwalter zu verlieren. Der Schutzschirm kommt dem in Deutschland viel zitierten Gläubigerschutz des US-Insolvenzrechts nach Chapter 11 am nächsten. Allerdings ist mit der Genehmigung eines 270b-Verfahrens auch die Auflage verbunden, nach höchstens drei Monaten einen Insolvenzplan vorzulegen. Mit einem solchen Plan, der zwischen den Beteiligten auszuhandeln ist, kann auch in die Rechte von Anteilsinhabern eingegriffen werden, etwa indem die Forderungen von Gläubigern in Anteile umgewandelt werden (Debt-Equity-Swap). Hier geht’s zum → ganzen Artikel.

Apropos Debt-Equity-Swap: Dazu gibt es im Zusammenhang mit SKW auch Interessantes zu berichten:

Seid auf der Hut vor Speyside Equity! Die Firmenräuber um Oliver Maier räumen SKW leer

Wie aber wird das ESUG zur perfekten Waffe für das SKW-Rollkommando Kay Michel und Oliver Maier?

Wer sich unter den Schutz des neuen Insolvenzrechts stellt, genießt eine Vielzahl von Sondervergünstigungen, die es sonst nicht gibt.

Eine davon ist der Vorteil, dass die Geschäftsführung im Amt bleibt, wenn auch unter der Aufsicht eines Sachwalters. Perfekt für Kay Michel, der in meinen Augen SKW in den Ruin gesteuert bzw. gerechnet hat und nun die Übergabe an den Großgläubiger Speyside managen muss.

Wir trickreich Kay Michel die SKW-Holding mit dem Taschenrechner in den Abgrund führte, beschreibe ich → hier.

Ein anderer unschlagbarer Glücksfall des ESUG: Das Sanierungskonzept für ein Unternehmen bedarf nicht der Zustimmung aller Gläubiger, sondern kann auch mit Mehrheit durchgesetzt werden. Während der ganzen Dauer des Verfahrens ist das Unternehmen vor Eingriffen der Gläubiger geschützt. Perfekt für Michel, der sich jetzt nicht mehr mit seinem extrem lästigen Großaktionär und Aufsichtsrat Olaf Marx abgeben muss, der eigentlich die Rolle von Speyside übernehmen wollte und selber ein Angebot für die Ablöse der Bankenkredite abgegeben hat.

Michel und Marx, das sind zwei Egos, die bei SKW aufeinandergeknallt sind wie Hammer und Amboß in der Stahlschmiede.

Wer genau dieser Olaf Marx und seine Beteiligungs- bzw. Beratungsfirma MCGM ist und was er will, habe ich hier zusammengeschrieben:

Hauptversammlungs-Showdown in München – serviert SKW-Großaktionär Marx den Aufsichtsrat ab?

Gehen wir noch mal ganz zurück zum Anfang dieses Artikels – zur Schlammschlacht um Suhrkamp. Denn nicht nur der strategische Ruin des Verlags gleicht den Vorgängen bei SKW. Auch beim Personal tun sich Parallelen auf.

Als Büchsenspanner des ESUG-Verfahrens bei SKW zeichnet verantwortlich: Dr. Andreas Spahlinger, Partner und Rechtsanwalt bei Gleiss Lutz. Wohlbekant als Berkéwicz-Einfflüsterer bei Suhrkamp.

Kay Michel brachte die Kanzlei mit ins Unternehmen, als er 2014 bei SKW antrat. Und machte sich sogleich ans Werk. Gab es irgendeine Strategie? Auf jeden Fall gigantische Abschreibungen, völlig irre Beraterhonorare, Rückstellungen. Dann plötzlich Überschuldung und Insolvenz. So wie bei Suhrkamp.

Spahlinger promovierte im internationalen Insolvenzrecht. In der Eigendarstellung für eine Fachtagung steht: „Dr. Andreas Spahlinger ist als Berater an einigen der bekanntesten Insolvenzfälle der letzten Jahre maßgeblich beteiligt gewesen.“

Das Duo Kay Michel/ SKW und Oliver Maier/ Speyside hat mit dem ESUG und einem kundigen Anwalt, der es anzuwenden weiß, die perfekte Waffe in der Hand, um lästige Gläubiger und Gesellschafter bzw. Aktionäre auszuschalten und die Macht über SKW und ihre lukrativen Töchter an sich zu reißen.

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